Wie die Bitcoin-Blockchain basiert auch das Litecoin-Netzwerk auf einem Proof-of-Work-Verfahren. Es ist bemerkenswert, dass Lee das Proof-of-Work-Modell von Bitcoin fast eins zu eins übernommen hat. Schließlich ist es nicht sehr effizient, und außerdem scheute sich Lee nicht, andere Unzulänglichkeiten des Bitcoin-Codes für sein Litecoin-Netzwerk zu übernehmen. Dabei war er wahrscheinlich klug genug, ein alternatives Konsensmodell zu entwickeln, aber auch sein Litecoin-Entwurf war letztlich nur ein Versuch (dazu später mehr). Wie dem auch sei: Lee nahm das Bitcoin-Protokoll als Ausgangspunkt, teilte die Blockzeit durch 4, so dass sie 2,5 Minuten betrug, und erhöhte das maximale Angebot um 4 auf 84 Millionen Münzen. Warum schwierig sein, wenn es auch einfach sein kann?
Mittlerweile sind mehr als drei Viertel des Litecoin-Volumens im Umlauf und die Blockschwierigkeit ist mit der von Bitcoin vergleichbar. Die Mining-Rigs, die LTC schürfen können, sind auch teurer in der Herstellung als beispielsweise ASIC-Miner für Bitcoin, da das Litecoin-Netzwerk eine komplexere Form der Blockverschlüsselung verwendet. Litecoin verwendet einen Algorithmus, der auf Scrypt basiert, während Bitcoin mit SHA 256 verschlüsselt.
Wichtiger Hinweis: Derzeit werden mehr als zwei Drittel der Mining-Kapazität im Litecoin-Netzwerk von nur fünf Mining-Pools verwaltet. Das ist so ziemlich das Gegenteil von dezentral, was Satoshis Vision war. Dies ist ein Problem, das bei Proof-of-Work-Netzwerken häufiger auftritt und auch für Litecoin auf lange Sicht ein Hindernis zu sein scheint.
Nicht lange nachdem Charlie Lee das Bitcoin-Whitepaper entdeckt hatte, fand er einige potenzielle Schwachstellen im Design der Blockchain. Er räumte ein, dass u. a. die 10-Minuten-Blockzeit bei höherem Verkehrsaufkommen durchaus zum Problem werden könnte. Also machte sich Lee, wie viele andere ehrgeizige Entwickler in dieser Zeit, an die Arbeit, seine eigene Blockchain und die dazugehörige Kryptowährung zu entwickeln.
Nach einigen weiteren Studien schrieb er dann abends den Code für das Litecoin-Netzwerk (da er gerade noch bei Google arbeitete). Ein kluger Mann, wie gesagt. Ein erster Versuch einer eigenen Blockchain (namens “Fairbix”) war allerdings gescheitert.
Wie bereits erwähnt, hielt sich Lee an das Proof-of-Work-Protokoll seines Vorbilds Bitcoin. So schürfte er die ersten Litecoins selbst, machte das Netzwerk aber erst öffentlich, als er bereits 150 Coins geschürft hatte. Selbst Lee hat wahrscheinlich nicht gedacht, dass Litecoin jemals Milliarden von Dollar wert sein würde, als er anfing. Hoffentlich hat er es in den vergangenen Jahren aufgestockt – er hat die Gewinne verdient. Übrigens behauptet Charlie Lee seit Ende 2017, dass er alle seine LTC verkauft hat, um das Netzwerk endlich dezentraler und unabhängiger von sich selbst zu machen.
Der Punkt am Horizont, den Charlie Lee ins Auge gefasst hat – die Einführung von Litecoin als Zahlungsmittel in der “realen” Wirtschaft – ist bisher nie wirklich eingetreten. Er war eigentlich ziemlich realistisch, denn schon 2011 sah er Litecoin weniger als Konkurrenz zu Bitcoin, sondern eher als Ergänzung. Während BTC vor allem für große Transaktionen geeignet ist, sollte Litecoin das Werkzeug für kleine Beträge werden, dachte Charlie Lee. Das erklärt auch, wie er seine Blockchain konzipiert hat: die gleichen Prinzipien wie Bitcoin, aber angepasst für mehr und weniger Transaktionsverkehr.
Irgendwie ist es für Lee ironisch, dass die Blockchain-Technologie auch wegen ihm jedes Jahr mit riesigen Sprüngen voranschreitet. Infolgedessen haben viele Netzwerke die Litecoin-Hochburg in Bezug auf Leistung und Skalierbarkeit überholt. Wenn wir in der Zukunft mit einer Kryptowährung bezahlen, wird Litecoin wahrscheinlich schon weit hinterher sein. Die Tragödie der Technik, sagen wir….